Wenn Sprache und Kultur fremd sind

AOZ Medios vermittelt zwischen Carelink und Betroffenen.

Kann durchaus vorkommen, dass direkt oder indirekt Betroffene weder Deutsch noch Französisch, weder Italienisch noch Englisch sprechen. Um sie trotzdem gezielt und wirksam zu betreuen, zieht Carelink ausgebildete Simultanübersetzerinnen und -übersetzer von AOZ Medios bei. Sie wissen auch zwischen unterschiedlichen Kulturen zu vermitteln.

Es gibt Tage, da klingelt das Telefon bei AOZ Medios fast pausenlos. Auch online kommen Aufträge herein. Vor allem Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbehörden nehmen die Übersetzungsdienste von AOZ Medios in Anspruch, ebenso nicht gewinnorientierte Organisationen wie Carelink oder gemeinnützige Organisationen, die sich für Migrantinnen und Migranten einsetzen. Fünf Teilzeit-Angestellte bringen die Auftraggeber mit den Personen zusammen, welche die gewünschte Sprache beherrschen. Die Vermittlerinnen und Vermittler können auf die Kompetenz von rund 260 Personen zugreifen. Sie erbringen ihre Dolmetscherdienste entweder kurzfristig telefonisch oder vor Ort.

 

Alles mit einem Ziel: Integration

Die Vermittlungsstelle ist 2005, vorerst als Verein, auf Anregung der damaligen Eidgenössischen Kommission für Ausländerfragen entstanden, der heutigen Eidgenössischen Kommission für Migrationsfragen. Zuvor hatten verschiedene kleinere Organisationen im Raum Zürich ähnliche Dienste angeboten. 2008 dann begab sich der Verein als Fachdienst unter das Dach der Fachorganisation AOZ. Diese engagiert sich als selbstständige, öffentlich-rechtliche Anstalt im Migrations- und Integrationsbereich. Die Organisation betreibt im Grossraum Zürich zum Beispiel Durchgangszentren, organisiert Deutschkurse, führt Jugendliche mit Migrationshintergrund zur Bildung hin, vermittelt Arbeit und unterhält – auch dies mit dem Ziel der Integration – eigene Handwerks- und Restaurantbetriebe.

 

Dolmetschen rund um die Uhr

«Die Nachfrage nach unseren interkulturellen Übersetzungen ist hoch», stellt Sanja Lukić fest. Sie leitet den Fachdienst AOZ Medios, und sie strebt kompetent und energisch dessen kostendeckenden Betrieb an. Seit April 2011 betreibt AOZ Medios speziell im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit einen landesweiten telefonischen Dolmetscherdienst rund um die Uhr. AOZ Medios macht auch bei Interpret mit, der schweizerischen Interessengemeinschaft für interkulturelles Übersetzen und Vermitteln. Unter den 21 Mitgliedern gehört AOZ Medios zu den grössten.

 

Sprache als Integrationsgrundlage

Interkulturelles Übersetzen helfe, sprachliche und somit auch kulturelle Brücken zu schlagen, fährt Sanja Lukić fort. «Sprachliche Verständigung ist der erste Schritt zum Verstehen des jeweils Fremden und deshalb die Grundlage für Integration.» Aus diesem Verständnis heraus übersteigen die Dienstleistungen von AOZ Medios die reine Übersetzungsarbeit. Die meisten der 260 freien Mitarbeitenden haben selber Migrationserfahrung. Indem sie andere mit ihren Übersetzungen unterstützen, fördern sie deren Integration – und zugleich die eigene. Und indem sie kulturelle Unterschiede erklären, helfen sie Missverständnisse vermeiden.

 

Das Zwiegespräch zu dritt

AOZ Medios betont deshalb den so genannten Trialog, den Dialog oder das Zwiegespräch zu dritt: Damit sich der Auftraggeber mit seiner Klientin oder seinem Klienten austauschen und verständigen kann, vermittelt AOZ Medios eine Person, die nicht nur beide Sprachen spricht, sondern auch beide Kulturen kennt. Der Lehrgang für interkulturelles Übersetzen, den AOZ Medios anbietet, heisst ebenfalls Trialog. Rund die Hälfte der Übersetzerinnen und Übersetzer ist sowohl zertifiziert als auch im Besitz des entsprechenden eidgenössischen Fachausweises.

 

Die Sprache der Emotionen

Die Kompetenz von AOZ Medios hat Carelink zu Gunsten von Betroffenen bereits in Anspruch genommen: Bei einem tödlichen Unfall im Gleisbau hat eine Übersetzerin zwischen den Portugiesisch sprechenden Angehörigen des Opfers und dem Notfallpsychologen vermittelt. Die Sprache der Emotionen war – wie so oft – die Muttersprache. Darin fühlen sich Betroffene sicherer – gerade in Situationen, in denen ihnen sonst nichts mehr sicher scheint. Und da ist es nur schon tröstlich, in der Muttersprache angesprochen zu werden.

 

Lesen Sie auch das Interview mit Sanja Lukić.

image_print