«Die Betreuung wird einfacher, aber nicht überflüssig.»

Wenn sich ein Raubüberfall trotz Präventionstraining nicht vermeiden lässt.

Der Schock nach einem Raubüberfall kann tief sitzen. Die Notfallpsychologie hilft, ihn zu überwinden. Der Weg zurück in die Normalität fällt jedoch leichter, wenn die überfallene Person früher ein Präventionstraining absolviert hat. Carelink-Psychologin Barbara Fehlbaum erklärt.

Auf ein ausserordentliches Ereignis kann sich der Mensch vorbereiten. Der Feuerwehrmann zum Beispiel trainiert, wie er sich verhalten muss, um Leben zu retten und Brände zu bekämpfen, ohne sich selbst zu gefährden. Und so kann sich ein Verkäufer in einem Tankstellenshop oder eine Angestellte am Bankschalter im Voraus mit der Situation eines Raubüberfalls befassen. Solche Präventionstrainings geben Mittel in die Hand, um sich zu schützen und die eigene psychische Widerstandskraft, die Resilienz, zu stärken.

Resilienz hat mit Selbstführung zu tun, mit dem Bewusstsein um die Wirksamkeit des eigenen Handelns. Nennen wir es realistischen Optimismus: Ja, es kann mir etwas zustossen, aber ich verfüge über die Mittel, um Schlimmeres zu verhindern, und ich bin imstande, den Raubüberfall zu überstehen und darüber hinwegzukommen. Präventionstrainings geben die Gewissheit: Ich bin nicht hilflos, ich bin fähig, mein Schicksal mindestens so weit zu beeinflussen, dass ich nach dem Überfall nicht in der Opferrolle verharre. Werde ich aber völlig überrascht und weiss nicht, wie ich reagieren soll, fängt das Hirn an zu drehen und dreht und dreht, findet jedoch keine Antwort, weil es zuvor keine entwickelt und abgespeichert hat. Im Extremfall schaltet es das geordnete Denken ab.

Die positive Grundhaltung hilft, einen Raubüberfall im Rückblick einzuordnen. Als betroffene, aber trainierte Person kann ich dessen Ablauf rekapitulieren, ihn in mein Leben integrieren und schneller in den Alltag zurückfinden. Ich kann verhindern, dass der Täter oder die Täterin Macht über mein zukünftiges Leben hat. Deshalb wird auch die notfallpsychologische Betreuung, wenn auch nicht überflüssig, so doch einfacher. Die Betreuung ermöglicht nicht zuletzt auch Anerkennung: Ja, da ist ein grundsätzlich gesunder Mensch kräftig durchgeschüttelt worden. Er ist Opfer einer Straftat geworden, aber er wird sich, notfallpsychologisch unterstützt, von dem schockierenden Erlebnis erholen. Er kann mit dem Erlebten besser umgehen.

 

Der Artikel von Barbara Fehlbaum ist in ausführlicher Version im Carelink-Jahresbericht 2015 erschienen. Lesen Sie den Jahresbericht mit dem Schwerpunkt-Thema Notfallübungen online oder bestellen Sie Ihr persönliches Exemplar bei info@carelink.ch.