«Wer selbst sicher ist, kann Sicherheit geben.»

Buchautorin Barbara Preitler zum Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen.

Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind, brauchen Hilfe. Wie können ihnen Helferinnen und Helfer sinnvoll und wirksam begegnen? Die Psychologin und Psychotherapeutin Dr. Barbara Preitler macht Mut. Der Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen hat auch Parallelen zur Notfallpsychologie.

Kleinste Gesten gegenüber Flüchtlingen können wirken. Viele haben den Zusammenbruch aller Sicherheiten erlebt. Sie können Sicherheit wieder erfahren durch sichere Begegnungen, offene Information und klare Grenzen, aber auch indem Versprechen ihnen gegenüber eingehalten werden oder indem sie sich einen imaginären inneren Ort schaffen, an dem sie sich geborgen fühlen.

Barbara Preitler beschreibt das alles in ihrem Buch «An ihrer Seite sein»*. Sie macht die Leserinnen und Leser Stück für Stück und leicht verständlich mit dem Grundwissen der Psychotraumatologie von Flüchtlingen vertraut. Darauf aufbauend, zeigt sie, wie ihnen Helferinnen und Helfer gegenübertreten können. Konkret stellt sie zehn Folgen von Traumatisierungen und mögliche Gegengewichte dar.

Das Buch versteht sich als Ratgeber und Leitfaden für freiwillige Helferinnen und Helfer, schafft Zuversicht und motiviert, sich auf zwischenmenschliche Begegnungen einzulassen, dem eigenen Tun zu vertrauen und so der Ohnmacht im Umgang mit diesen Themen zu entkommen. Carelink hat dazu noch ein paar Fragen an Barbara Preitler gerichtet:

Frau Preitler, Sie forschen unter anderem zu Extremtraumatisierungen, wie sie durch Folter und Krieg entstehen können, und zu interkultureller psychologischer und therapeutischer Betreuung. Was war der konkrete Auslöser für das Buch «An ihrer Seite sein»?

Barbara Preitler: Ich arbeite seit mehr als 25 Jahren als Psychotherapeutin bei Hemayat – das ist ein Betreuungszentrum für Folter- und Kriegsüberlebende in Wien. Aus dieser praktischen Erfahrung und aus der Forschung weiss ich, wie wichtig es ist, Menschen, die nach schweren Traumata um Hilfe bitten, diese so schnell wie möglich zu geben. Aber da stossen wir selbst in einem reichen mitteleuropäischen Land wie Österreich schnell an unsere Grenzen. Wir haben eine lange Warteliste für die Psychotherapie.

Doch es braucht nicht immer professionelle Hilfe. Ich bin überzeugt, dass Menschen, die durch andere Menschen traumatisiert worden sind, vor allem eines brauchen: heilsame Begegnungen, oder noch besser: heilsame Beziehungen. Und die können überall stattfinden, wo Menschen sich begegnen.

Der Umgang mit Flüchtlingen, wie Sie ihn beschreiben, ähnelt notfallpsychologischen Interventionen. Menschen etwa erzählen zu lassen, was sie erlebt haben, dürfte in beiden Situationen eminent wichtig sein, oder nicht?

Barbara Preitler: Das Leben vieler Flüchtlinge ist geprägt von vielen Traumata. Daher wären sie eigentlich immer wieder in Situationen, wo notfallpsychologische Intervention sehr hilfreich wäre. Leider werden aber die meisten Flüchtlinge selten oder gar nicht so behandelt. Oft sogar im Gegenteil:

Nach einer lebensgefährlichen Flucht dürfen sie überfüllte Schiffe nicht verlassen oder werden in gefängnisartiger Unterbringung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft – meist ohne irgendeine Form der psychosozialen Unterstützung.

Einen sicheren und ruhigen Raum zu geben, damit erzählt werden kann, ist nach traumatischen Situationen immer günstig. Wichtig ist aber auch, dass auch geschwiegen werden darf. Es sollte ein Beziehungsangebot da sein, in dem erzählt werden darf, aber nicht muss. Die betroffene Person soll für sich entscheiden können, was und wann sie über das Erlittene berichten will. Die zuhörende Person hilft zu strukturieren und zu verstehen.

Die Möglichkeiten, zu intervenieren und zu unterstützen, scheinen so einfach zu sein. Sie sagen, dass es für den würdevollen und anerkennenden Umgang mit Flüchtlingen kein Psychologie-Studium brauche. Ist dieser Umgang tatsächlich so leicht und einfach?

Barbara Preitler: Ja und nein. Würdevoll und anerkennend mit Menschen umzugehen, egal woher sie kommen, sollte eine mitmenschliche Selbstverständlichkeit sein. Und dazu sind wir ja auch alle befähigt. Manchmal wird auch durch uns «Profis» zu viel Angst geschürt, dass traumatisierten Menschen nur mit spezieller Vorbildung begegnet werden könne. Das ist aber auch entwürdigend, da diese Haltung ausser Acht lässt, dass traumatisierte Menschen zwar verletzt, aber nach wie vor «normal» sind. Wir können die Analogie zur körperlichen Verletzung nutzen: Mit einem Menschen, der sich das Bein gebrochen hat, reden wir ja auch normal weiter.

Anders als bei einer körperlichen Verletzung sind die seelischen Verletzungen aber viel versteckter – oft auch für die Betroffenen selbst. Daher gilt es natürlich auch, gewisse Regeln zu befolgen.

Wie schaffen Sie es, Ihre zuversichtliche Haltung in der Arbeit mit Flüchtlingen zu wahren?

Barbara Preitler: Das liegt zum einen an den Menschen, denen ich in dieser Arbeit begegne. Immer wieder erlebe ich, dass Menschen trotz allem, was sie erlitten haben, hoffnungsvoll in die Zukunft sehen und sich mit Elan und Freude ein neues Leben aufbauen. Den Sinn meiner therapeutischen Arbeit kann ich daher immer wieder sehen.

Aber es ist auch wesentlich, gut auf sich selbst zu achten. Bei allem, was ich tue, ist es wichtig, den Menschen Sicherheit zu geben. Und ich kann nur sichere Begegnungen und sichere Beziehungen anbieten, wenn ich selbst sicher bin. Daher meine Bitte an alle, die sich für Menschen in Not engagieren: Tun Sie sich selbst etwas Gutes, damit Sie, wo es erforderlich ist, gefestigt und sicher für andere da sein können.

Barbara Preitler: «An ihrer Seite sein»
Psychosoziale Betreuung von traumatisierten Flüchtlingen
Studien Verlag
4. Auflage 2017
ISBN-10: 3706555875
ISBN-13: 978-3706555876

Covid-19 : Self-isolation and quarantine

Self-isolation and quarantine are exceptional situations that most of us will never have faced before.

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Care muss Links zwischen Generationen schaffen

Caregivers und Notfallpsychologen haben sich an der Freiwilligentagung damit befasst.

Alle zwei Jahre haben sie ihren fixen Carelink-Tag: Die Caregivers sowie die Notfallpsychologinnen und -psychologen treffen sich zur Freiwilligentagung. Ende Juni kamen sie am Carelink-Hauptsitz in Glattbrugg zusammen. Das diesjährige Thema: Care muss zwischen Jung und Alt verlinken. Eine Person, die gerade Einschneidendes erlebt hat, sollte ihrem Alter entsprechend betreut werden.

Sie kamen in Scharen – trotz hochsommerlichen Temperaturen. Das Thema und die beiden Hauptreferierenden versprachen eindeutigen Know-how-Gewinn. Rund 100 Freiwillige haben sich mit der Generationenfrage auseinander gesetzt – mit der spezifischen Generationenfrage, die sich beim Betreuen von Menschen unterschiedlichen Alters stellt.

«Umgang mit älteren Menschen in der Krise» – das war das Thema des brillanten Vortrags von Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Kruse. Er leitet das Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg. An der Freiwilligentagung schöpfte er – frei und ohne Manuskript – während neunzig Minuten aus der ganzen Breite und Tiefe seines Wissens. Eine unwiederbringlich einmalige Akkumulation und Kulmination von Wissen, Erfahrung, Ethik und Herz. Menschlichkeit, so Andreas Kruse, sei nicht verhandelbar. Die professionelle Betreuung durch die Carelink-Fachleute, liesse sich da anfügen, ist es auch nicht.

Carelink hat mit dem gefragten und vielbeschäftigten Psychologen und Gerontologen nach der Freiwilligentagung ein schriftliches Interview geführt. Lesen Sie es hier.

Die Freiwilligentagung verjüngte sich dann thematisch zusehends, wie Petra Strickner, die Leiterin des Freiwilligenteams, in ihrer Moderation humorvoll feststellte. Als nächste Referentin kündigte sie Dr. Miriam Engelhardt an, die in Soziologie promoviert und unter anderem in der Jugendforschung gearbeitet hat. Heute befasst sich Miriam Engelhardt als Referentin und Kursleiterin etwa mit Generationenkompetenz.

Wie ticken die Babyboomerinnen und Babyboomer, also die zwischen 1945 und 1965 Geborenen? Was charakterisiert die nachfolgenden Generationen X, Y und Z? Miriam Engelhardt zeigte das an der Freiwilligentagung lebhaft und eindrücklich auf. Und wie reagieren nun Vertreterinnen und Vertreter dieser Generationen je auf ein einschneidendes Erlebnis? Wie wirken sich die altersbedingten Haltungen und die folglich unterschiedlichen Denk- und Handlungsweisen auf die Akutbetreuung aus? Carelink stellt sich diesen Fragen und bindet die Schlussfolgerungen in die Aus- und Weiterbildung für das Freiwilligenteam ein. Das Verständnis für alters- oder generationenbedingte Unterschiede und für den erforderlichen Link ist jedenfalls geweckt.

Die Soziologin Miriam Engelhardt hat für die Carenews die wichtigsten Punkte ihres Referats zusammengefasst. Lesen Sie ihren Artikel hier.

Referent Andreas Kruse: Die Teilnehmenden hingen neunzig Minuten an seinen Lippen.

Wie ist mit älteren Menschen in der Krise umzugehen? Referent Andreas Kruse hatte beeindruckende Antworten.

Was charakterisiert die einzelnen Generationen: Referentin Miriam Engelhardt gab ihr Wissen weiter.

Referentin Miriam Engelhardt (links): Der Dank von Petra Strickner war ihr gewiss.

Wie hat sich Carelink 2018 entwickelt? Geschäftsleiter Walter Kälin berichtete und fasste zusammen.

Was ist organisatorisch neu bei Carelink? Danilo Segreto, Leiter Einsatzmanagement, zeigte es auf.

Jede Generation tickt anders – und nun?

Die Soziologin Dr. Miriam Engelhardt plädiert für einen Generationenmix.

Durchhaltevermögen und Eigenverantwortung zeichnen die älteren Generationen aus. Sie arbeiten oft bis zum Umfallen. Jüngere achten auf die Work-Life-Balance und pfeifen auf Hierarchien. Und wie finden die Generationen nun zusammen? Die Soziologin Miriam Engelhardt* plädiert in ihrem Beitrag für einen Generationenmix und fördert gegenseitiges Verständnis: «So lernen wir auch uns selbst etwas besser kennen und erleichtern uns die Zusammenarbeit.»

Ein junger Mitarbeiter ruft morgens im Betrieb an: «Ich glaub, ich werde krank, ich komme heute nicht.» Wenn ein Babyboomer – die älteste Generation aktuell im Berufsleben – das hört, verschlägt es ihr oder ihm die Sprache. Liegt doch auf der Hand: Die Jugend ist faul, arbeitsscheu und verweichlicht. Babyboomer sind trainiert im Durchhaltevermögen. «Was mich nicht umbringt, macht mich stark», war oft genug die Devise. Bis heute kommen sie hoch loyal mit Fieber und dröhnenden Kopfschmerzen zur Arbeit. Aus Sicht der jungen Generationen Y und Z ist das fast schon kindisch: «Sie sind tagelang nicht richtig leistungsfähig, stecken das ganze Team an und sind noch stolz auf ihre Arbeitsmoral! Statt dass sie sich mal einen Tag auskurieren.»

Ähnlich ist es bei dem Thema «um Hilfe bitten» oder «Hilfe annehmen». Für die älteren Generationen hat es den Beigeschmack von Schwäche. «Durchbeissen», «durchhalten», «es alleine schaffen» sind häufige Werte. Diese Einstellung kann zu Überlastung führen und fördert die Teamarbeit nicht gerade. Die jüngeren Generationen dagegen haben schon in der Schule mehr im Team gearbeitet, und einander zu unterstützen, ist normal. Sie haben oft gute Netzwerke, in denen sie sich Unterstützung holen können, und bitten darum, wenn sie Hilfe brauchen.

Auch das Einspringen bei Personalmangel wird sehr verschieden gesehen. Die Babyboomer stellen oft genug ihr Privatleben zurück und übernehmen zusätzliche Dienste. Für die Generation X, die heute 35-55-Jährigen, ist es weniger die Unterordnung unter den Betrieb als die Eigenverantwortung. Das Ergebnis ist das gleiche: Sie springen ein, obwohl sie nicht möchten. Sie haben das Gefühl, jeder und jede müsse dazu beitragen, dass der Personalmangel ausgeglichen werden könne. Ganz anders die jüngere Generation Y und die erst in der Ausbildung stehende Generation Z. Sie sagen auch bei akutem Personalmangel Nein, wenn sie keine Zeit haben, denn sie sehen längst, dass Personalmangel eine immer wiederkehrende Normalität ist.

 

Die wichtigsten Punkte der Generationenunterschiede kurz zusammengefasst:

Die Babyboomer haben in der Kindheit noch viel Hierarchie und Autorität erlebt. Für Fehler wurden sie meist bestraft, und die Älteren oder Vorgesetzten hatten eindeutig das Sagen. Anerkennung gab es in der Kindheit allein durch Leistung, und die Moral war «Erst die Arbeit, dann das Vergnügen». So sagen sie schnell mal Ja und übernehmen Aufgaben, obwohl sie darunter leiden. Diese Generation ist somit leider auch burnoutgefährdet.

Zur Generation X zählen die heute 35 bis 55-Jährigen. Sie haben eine besondere Stärke, die gleichzeitig zur Schwäche werden kann: die Eigenverantwortung. Gleichzeitig erwarten sie manchmal zu viel Eigenverantwortung von den anderen.

Die Generationen Y und Z unterscheiden sich vor allem in ihrem Verhältnis zu Autoritäten und ihrer Work-Life-Balance von den anderen Generationen. Sie sind ohne klassische strafende Hierarchie aufgewachsen, sondern mit verständnisorientierten Erziehungsstilen. Gleichzeitig haben sie die Erfahrung gemacht, dass sie in der IT-Technologie immer etwas besser waren als ihre Eltern und Lehrer. Damit gibt es für sie keine Hierarchie mehr. Sie setzen sich mit jedem auf Augenhöhe. Sie opfern auch das Privatleben nicht mehr für den Betrieb. Ein ganzheitlich gelungenes Leben ist ihnen wichtig.

Fazit: Der Generationenmix hat Potenzial: Jede Altersgruppe bringt ihre spezifischen Stärken ein, und die blinden Flecken der anderen Generationen werden ausgeglichen. Das ist unbedingt nötig, um komplexe Aufgaben zu bewältigen. In einer Umfrage unter 400 Teilnehmenden waren über 90 Prozent der Befragten für einen Generationenmix! Babyboomer schätzen zum Beispiel die frischere Ausbildung der Jüngeren und die lockere Atmosphäre. Die Jüngeren möchten nicht auf die Erfahrung der Älteren verzichten und finden, das bringe Ruhe ins Team. Es erleichtert den Arbeitsalltag, durch Generationenkompetenz zunehmend Verständnis und Neugier füreinander zu entwickeln. So wird es möglich, in konkreten Alltagssituationen spontan und lösungsfokussiert zu agieren.

Lesen Sie hier den ausführlichen Beitrag von Miriam Engelhardt.

 

* Dr. Miriam Engelhardt hat nach Studienaufenthalten in Paris und Poitiers in Freiburg im Breisgau in Soziologie promoviert und war unter anderem in der Jugendforschung tätig. 2008 wechselte sie von der Forschung in die Vermittlung und arbeitete in der Personal- und Organisationsentwicklung am Universitätsspital Basel mit Schwerpunkt Weiterbildung. 2012 gründete sie Engelhardt-Training: www.engelhardt-training.de. Heute arbeitet sie zusammen mit ihrer Schwester Nikola Engelhardt als Referentin, Kursleiterin und Moderatorin zu den Themen Generationenkompetenz, Leadership, Teamentwicklung, Moderation und Auftrittskompetenz.

Im Oktober 2019 erscheint von Miriam Engelhardt und Nikola Engelhardt im Hep-Verlag, Bern, das Buch «Wie tickst du? Wie ticke ich?» Es hilft, die Zusammenarbeit zwischen Menschen verschiedener Generationen zu verbessern.

Für eine Sorgekultur zwischen Jung und Alt

Gerontologe Andreas Kruse im Interview

Sie hörten ihm gebannt zu: Vor den Carelink-Freiwilligen sprach Andreas Kruse über den «Umgang mit älteren Menschen in der Krise». Andreas Kruse, ein gefragter und leidenschaftlicher Referent, leitet das Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg. Im Interview, das Carelink nachträglich mit ihm geführt hat, weist er auf das Potenzial hin, das im Austausch zwischen Jung und Alt steckt. «Menschen, die sich getragen wissen, können auch in Grenzsituationen widerstandsfähiger sein.»

Herr Kruse, Care hat für Sie als Gerontologe eine ganz besondere Bedeutung: Sie plädieren für eine Sorgekultur zwischen den Generationen. Dazu betonen Sie die seelisch geistige Dimension des Alters, die verschiedene Generationen verbinden kann. Allerdings werden ältere Menschen heute sehr schnell über ihre körperliche oder gesundheitliche Verfassung definiert und so häufig auch diskriminiert. Wie lässt sich diese gesellschaftliche Fehleinschätzung korrigieren bzw. diese Sorgekultur etablieren?

Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Kruse: Wir sollten sehr viel mehr Gelegenheitsstrukturen für die Begegnung zwischen den Generationen schaffen, vor allem für gemeinsame „Projekte“ von Jung und Alt, in denen sich jüngere und ältere Menschen gegenseitig befruchten können. Das gilt schon für die Arbeitswelt, in der Expertenwissen eine Domäne älterer Mitarbeitenden bildet, die einen bedeutenden Hintergrund für den Mut jüngerer Mitarbeitenden zu innovativen Problemlösestrategien darstellen. Das gilt auch für den bürgerschaftlichen Bereich, in dem sich jüngere und ältere Menschen gemeinsam in sozialen, kulturellen und politischen Aktivitäten engagieren. In eigenen Studien zu den Effekten intergenerationeller Beziehungen konnten wir zeigen, dass in jenen Beziehungen, die die Mitglieder der jungen und alten Generationen als befruchtend und stimulierend wahrnehmen, ein besonderes Potenzial liegt: Die verschiedenen Generationen regen sich gegenseitig zu Reflexionen an, sie dienen sich gegenseitig als „Entwicklungskontexte“, stimulieren also gegenseitig ihre geistige, emotionale und soziale Entwicklung.

Die seelisch geistige Dimension oder Beziehung gilt es also zwischen Jung und Alt zu pflegen und folglich zuerst zu entdecken. Wie kann sie etwa in die notfallpsychologische und praktische Betreuung einfließen, nachdem ältere Menschen etwas Einschneidendes erlebt haben? Konkret: Wie sollen Carelink-Fachleute im Einsatz auf ältere Menschen zugehen?

Andreas Kruse: Bedeutsam ist, ältere Menschen in ihren biografischen Erlebnissen und Erfahrungen, Werten und Bedürfnissen anzusprechen und gemeinsam mit ihnen darüber zu reflektieren, inwieweit sie diese Werte und Bedürfnisse verwirklichen können, inwieweit nicht, inwieweit sie ihre Erfahrungen auch heute nutzen können, inwieweit nicht. Und in einem zweiten Schritt sollte intensiv überlegt werden, in welchen sozialen und kulturellen Bereichen sich Möglichkeiten bieten, neue Kontakte zu schliessen und Interessen zu verwirklichen oder sich für andere Menschen ebenso wie für Ziele zu engagieren. Hier gewinnt die Aussage des Existenzpsychologen Viktor Frankl besondere Aktualität: Sinn in unserem Leben verwirklichen wir in dem Masse, in dem wir das Leben in den Dienst von etwas stellen, das ausserhalb unserer selbst liegt.

Ältere Menschen, die über die seelisch geistige Dimension mit anderen, etwa mit Jüngeren, in Beziehung stehen, können auch sehr viel leisten. In Ihren Referaten erinnern Sie gerne an Johann Sebastian Bach, der viele Schicksalsschläge verkraften musste und im höheren Alter gewaltige Musik erschaffen hat, obwohl er am Lebensende mit erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen konfrontiert war. Können gerade ältere Menschen dank seelisch geistiger Tiefe Schwieriges eher verkraften?

Andreas Kruse: Ich möchte es so ausdrücken: Wenn Menschen an ihr Leben gebunden sind, wenn sie ihr Leben als stimmig und sinnerfüllt erfahren, wenn sie sich getragen wissen – von anderen Menschen wie auch von Zielen sowie von inneren Bindungen –, dann können sie sich auch in Grenzsituationen als widerstandsfähiger erweisen bzw. Widerstandsfähigkeit (oder Resilienz) entwickeln. Das Erleben des Getragen-Seins durch erfüllende soziale Beziehungen (besonders wichtig) wie auch durch innere Bindungen (Aufgaben, Ziele und Interessen) kann nicht hoch genug bewertet werden.

Lesen Sie hier den Bericht zur Freiwilligentagung.

Was spielt sich da in der Seele ab?

Trauma und Posttraumatische Belastungsstörung: Erklärung und Ratgeber.

Die Seele kann nach einem traumatischen Erlebnis leiden. Manchmal erholt sie sich von selbst, manchmal nicht. Das sind komplexe, unsichtbare Vorgänge. Thomas Ehring und Anke Ehlers beschreiben sie leicht verständlich. Ihr Ratgeber hilft Betroffenen und Angehörigen, damit umzugehen.

Es ist für einen Menschen, der Traumatisches erlebt hat, nicht einfach, damit klarzukommen. Und es ist für seine Familie und seine Bekannten oft schwer, ihn in dieser Situation zu verstehen und zu stützen. Rastlosigkeit und Reizbarkeit können Zeichen psychischen Leidens sein. Jeder Mensch reagiert jedenfalls anders – und jede Reaktion auf ein einschneidendes Erlebnis ist normal. Allerdings kann sich eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln, die nicht von selbst weggeht.

Was läuft nun in einer solch schwierigen Situation eigentlich ab? Allein da etwas genauer in die eigene Seele zu blicken, kann bereits helfen, mit dem Erlebten umzugehen.

Der Psychologe Prof. Dr. Thomas Ehring und die Psychologin Prof. Dr. Anke Ehlers haben dazu ein schlankes, leicht zu lesendes Buch verfasst. Sie geben ihrem umfangreichen Wissen eine bewusst einfache Sprache. Frei von Fachausdrücken, eröffnen sie einen Zugang zu Trauma und Posttraumatischer Belastungsstörung. Die Publikation ist soeben in ihrer zweiten, aktualisierten Auflage erschienen.

„Die Inhalte des Buchs fassen zusammen, was wir auch in unseren Aus- und Weiterbildungen bei Carelink thematisieren“, sagt Carelink-Geschäftsleiter Walter Kälin. „Die Erklärungen und Ratschläge für Betroffene und Angehörige entsprechen unserer Praxis.“ Walter Kälin betrachtet das Buch als so zentral, dass er allen, die an der Freiwilligentagung teilgenommen haben, ein Exemplar geschenkt hat.

Thomas Ehring und Anke Ehlers: Ratgeber Trauma und Posttraumatische Belastungsstörung, Informationen für Betroffene und Angehörige; 2., aktualisierte Auflage 2019, Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen; ISBN 978-3-8017-2949-3

Im Team noch kreativer

So ist das neue Corporate Design von Carelink entstanden.

Der neue Auftritt von Carelink trägt die Handschrift von Sonja Rychener. Als Art Director in der Agentur furrerhugi. hat sie das Logo aufgefrischt, die neue Bildsprache entwickelt und das neue Corporate Design kreiert. Selber hochkreativ, weiss sie um die Kraft des Teams.

Frau Rychener, wie sind Sie an die anspruchsvolle Aufgabe des Re-Designs herangegangen?

Sonja Rychener: Ich arbeite Teilzeit und bin zweifache Mutter. An meinen Agenturtagen bin ich meist schon um halb sieben im Büro. Da kann ich mich voll und ganz in meine Arbeit vertiefen, während ich die Kinder gut aufgehoben weiss.

Als Erstes habe ich mich dem Carelink-Logo gewidmet: Ich habe es gemäss Auftrag nicht neu geschaffen, sondern das bisherige weiterentwickelt. Das Rot ist jetzt etwas wärmer, das Grau als Sekundärfarbe auch. „Care“ erscheint nach wie vor in Grossbuchstaben, „link“ hingegen ist kleingeschrieben. So wird „Care“ stärker betont. Die einzelnen Buchstaben sind etwas runder.

Zur Bildsprache: Nicht ganz einfach, eine Bildwelt zu entwickeln für eine Organisation, die sich Menschen widmet, diese aber nicht zeigen kann und nicht zeigen darf!

Sonja Rychener: Wie rückt das Bild näher an den Mensch, näher an das Einzelschicksal, ohne dieses konkret werden zu lassen – diese Frage ist in der Tat nicht einfach zu beantworten. Das Carelink-Team und ich, wir haben uns darüber unterhalten, und so bin ich auf zwei Ideen gekommen: Zum einen sind es Nahaufnahmen von Gesichtern und Augen, die viel gesehen haben. Damit meine ich nicht ausschliesslich die Augen von Menschen, die Einschneidendes erlebt haben. Ich denke auch an die Carelink-Fachpersonen, die bei ihren Einsätzen viel Schweres sehen. Das zweite Bildkonzept, das ich erarbeitet habe, zeigt Menschen, viele Menschen, aus der Vogelperspektive: Jedes Schicksal ist ein Schicksal unter vielen.

Wie kommt es, dass Sie, etwa im Jahresbericht 2018, die beiden Bildwelten kombinieren?

Sonja Rychener: Diese Idee hatte das Carelink-Team, als ich meine Vorschläge präsentierte! Wieder einmal ein Beweis, dass Teamwork die Kreativität weiter anregt.

Stichwort Kreativität: Ich konnte sie fliessen lassen, Carelink hat mir sehr viel Freiraum gewährt. Sehr anregend war das Teamwork mit meinem Agenturkollegen Patrick Blaser, der im digitalen Bereich topfit ist, mit Patrick Rohr, der die Menschenporträts fotografiert hat, und mit Dominique Rüfenacht, die bei Carelink die Kommunikation und die Kundenbeziehungen verantwortet.

Da scheinen sich die passenden Leute gegenseitig ergänzt und beflügelt zu haben! Das zeigt sich auch auf der grafisch und inhaltlich neu gestalteten Website! – Danke für das Gespräch, Frau Rychener, und bleiben Sie kreativ!

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Ein offenes Ohr ist wichtiger als ein gutgemeinter Rat

Wie Carelink mit Betroffenen kommuniziert.

Da staunten der eine und die andere: Aha, so macht Carelink das! Die rund 150 Teilnehmenden der Carelink-Fachtagung 2018 wissen jetzt: Die Kommunikation mit Menschen, die ein einschneidendes Ereignis getroffen hat, folgt eigenen Regeln. Mischa Oesch hat sie menschlich direkt erklärt. Sie ist Fachpsychologin für Psychotherapie und als zertifizierte Notfallpsychologin oft auch für Carelink tätig.

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