Zwei Jahre Corona-Kommunikation: Wie war das?

Zeit für ein kommunikatives Fazit, nachdem sich das Departement von Gesundheitsminister Alain Berset zwei Jahre im Ausnahmezustand befunden hat. Carelink hat dazu mit Peter Lauener gesprochen. Er ist Kommunikationsleiter des Eidgenössischen Departements des Innern, dem Alain Berset vorsteht.

Zwei Jahre Pandemie – hiess dies für Sie und Ihr Team zwei Jahre Krisenkommunikation?

Peter Lauener: Es waren zwei sehr anstrengende Jahre, für alle Beteiligten: für das Bundesamt für Gesundheit, für uns im Generalsekretariat, für die Bundeskanzlei, welche die Kommunikation koordiniert, aber auch für die Kantone. Wir haben auf Seiten Bund zum Beispiel weit über 200 Medienkonferenzen vorbereitet. Dazu kamen noch die Kampagnen, die Informationen auf den Sozialen Medien sowie die Beantwortung der Anfragen sowohl von den Medien als auch von den Bürgerinnen und Bürgern.

Vorbereitung ist die halbe Miete. Konnten Sie in der Corona-Kommunikation auf Bewährtes zurückgreifen, oder mussten Sie alles neu erfinden?

Peter Lauener: Es gilt zu unterscheiden zwischen der akuten Krisensituation – also vor allem der ersten Welle – und der nachfolgenden Zeit. Zu Beginn konnten wir gut anwenden, was Standard in der Krisenkommunikation ist: Rasch, aktiv und regelmässig kommunizieren, die gesicherten Fakten vermitteln, Unklarheiten benennen, mit einer Stimme sprechen – um nur ein paar Grundsätze zu nennen. Indem wir möglichst in den bewährten Abläufen blieben, erhöhten wir die Effizienz und minimierten die Fehlerquote.

Nach der ersten, akuten Krise ging es darum, die richtige Kadenz und immer wieder auch die richtige Tonalität zu finden, das Stehvermögen zu bewahren. Die beste Vorbereitung, um eine Krise über eine so lange Zeit kommunikativ zu bewältigen, ist ein gut funktionierendes Team.

«Tell it all and tell it fast» – inwiefern hatte dieser Grundsatz der Krisenkommunikation während der Pandemie seine Richtigkeit?

Peter Lauener: Transparenz ist immer wichtig, besonders aber in einer Krise. Wir haben rasch gemerkt, dass wir stets alle Elemente eines Entscheids kommunizieren müssen, auch wenn es um Details ging. Das Informationsbedürfnis und auch das Interesse an Detailfragen waren viel grösser als üblich. Und das Publikum für eine Medienkonferenz oder eine Medienmitteilung war viel breiter. Das heisst, diese Kanäle richteten sich nicht mehr wie sonst hauptsächlich an Medienschaffende, sondern an alle. Wo möglich haben wir auch die Berichte publiziert, die den Entscheidungen zu Grunde lagen – etwa zu Vernehmlassungen.  Unser Ziel war immer zu sagen, was wir wissen und was wir nicht wissen. Das stärkte die Glaubwürdigkeit.

Bund, Kantone, Expertinnen, Politiker – viele Akteure haben kommuniziert, teilweise widersprüchlich. Wie gingen Sie damit um?

Peter Lauener: Zu Beginn der Pandemie war es enorm wichtig, die Kommunikation soweit wie möglich zu kontrollieren, denn damals war die Unsicherheit sehr gross. Es gab auch noch weniger Akteure, die sich äusserten. Danach haben alle Akteure rasch begonnen, selber zu kommunizieren. Das ist auch richtig. Die Menschen sind es sich von unserer direktdemokratischen Debattenkultur gewohnt, dass jede Organisation und jede staatliche Ebene selber kommuniziert. Wir sind kein Zentralstaat. Wir dürfen in einer länger dauernden, so umfassenden Krise gar nicht den Anspruch haben, die Kommunikation vollständig zu kontrollieren. Wir müssen aber regelmässig präsent sein und natürlich trotzdem versuchen, uns gut zu koordinieren.

Die vielen Auftritte des Bundesrats im Medienzentrum bleiben unvergessen. Welche Rolle hatten die traditionellen Medien für Ihre Kommunikation?

Peter Lauener: Eine zentrale. Die Presse, das Radio und das Fernsehen haben nicht einfach die Medienkonferenzen übertragen oder per Liveticker verfolgt. Sie haben auch viel Wissen vermittelt, Daten aufbereitet und ihre Rolle als kritische, unabhängige Stimmen wahrgenommen. Die traditionellen Medien haben gezeigt, dass sie grosse Qualitäten haben und im Krisenfall grosses Vertrauen geniessen.

Originelle Anleitungen zum Händewaschen, Aufrufe von Prominenten, Videos aus Intensivstationen: Welche Rolle haben die Sozialen Medien in Ihrer Krisenkommunikation gespielt?

Peter Lauener: Die Information via Soziale Medien hat in der Krise stark an Bedeutung gewonnen. Das Bundesamt für Gesundheit hat die Zahl der Follower in den vergangenen zwei Jahren von 20’000 auf 550’000 erhöht, auch über zusätzliche Kanäle wie Instagram oder Tiktok. Es ging darum, möglichst alle direkt zu erreichen, auf ihren präferierten Kanälen. Ein Vorteil, dass schon vor der Krise solche Kanäle mit einer gewissen Reichweite etabliert waren.

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