Warum sind die einen belastbarer als die andern?

Ein Forschungsteam identifiziert Risiken einer Posttraumatischen Belastungsstörung.

Die einen kommen besser über ein belastendes Erlebnis hinweg, die andern laufen Gefahr, eine Posttraumatische Belastungsstörung oder eine Depression zu entwickeln. Woher diese Unterschiede? Anke Ehlers, Professorin für experimentelle Psychopathologie an der University of Oxford, ist der Frage in einer Studie auf den Grund gegangen. Die Resultate können zu neuen Trainings führen.

Gerade Mitarbeitende von Blaulicht- und Care-Organisationen sehen sich immer wieder Situationen gegenüber, die sie emotional behelligen. Damit steigt auch ihr Risiko, psychisch zu leiden oder gar zu erkranken. Nur ist dieses Risiko nicht bei jedem Menschen gleich hoch.

Das Forschungsteam um die Psychologin Prof. Dr. Anke Ehlers hatte sich für seine Studie zum Ziel gesetzt, allfälligen Risikofaktoren, die eine mögliche Erkrankung vorhersagen, auf die Spur zu kommen. Dazu begleitete es 386 Personen während deren zweijähriger Notfallsanitätsausbildung.

Zu Beginn ihrer Ausbildung beantworteten die Studienteilnehmenden Fragen zu früheren psychischen Störungen, zu traumatischen Situationen und zu ihrem Umgang damit. Anschliessend wurden sie alle vier Monate nach belastenden Ereignissen und ihrer Reaktion darauf befragt. «So konnte festgestellt werden, wer im Laufe der zwei Jahre Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung oder Depression entwickelte», schreibt die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) in einer Zusammenfassung der Studie. Zu deren Ende qualifizierten die Teilnehmenden ihr Wohlbefinden. Dabei wurden sie auch nach Anzeichen für ein Burnout befragt, nach der Anzahl Tage, an denen sie nicht ihrer Arbeit nachgehen konnten, nach ihrer Schlaf- und Lebensqualität.

 

Wer grübelt, ist anfällig

Praktisch alle Personen wurden während ihrer Ausbildung mindestens mit einer sehr stark belastenden Situation konfrontiert. Die DGPs berichtet weiter, dass in der Folge 32 Befragte oder 8,6 Prozent eine Posttraumatische Belastungsstörung und 41 Befragte oder 10,6 Prozent eine Depression entwickelten. Das Forscherteam stiess dabei auf eine Reihe dafür relevanter Faktoren. Die DGPs betont vor allem diesen: «Personen, die häufig über belastende Situationen grübelten, waren besonders anfällig. Dabei kam es nicht auf die Anzahl der traumatischen Ereignisse vor und während der Ausbildung an. Für die Vorhersage von Depressionen war der Grad an Selbstvertrauen in die eigene Fähigkeit, mit Belastungen fertig zu werden, also die Resilienz einer Person, besonders bedeutsam.»

 

Andere Denkmuster trainieren

Daraus ergibt sich die Frage, ob gefährdete Personen bereits während der Ausbildung mit gezielten Trainingsprogrammen ihre Denkmuster falls nötig ändern, ihre Resilienz stärken und somit Risiken vorbeugen können. Anke Ehlers und ihr Forschungsteam werden diese Frage in einem nächsten Schritt beleuchten.

Die Verantwortlichen von Carelink ihrerseits sind sich bewusst, dass Resilienz auch in der Betreuung Betroffener wichtig ist. Auf diesen Aspekt wird bereits in der Auswahl und in der Ausbildung der freiwilligen Caregivers grosses Gewicht gelegt. Zudem nimmt Carelink nach jedem Einsatz Kontakt mit den Freiwilligen auf, die involviert waren. Barbara Fehlbaum, bei Carelink verantwortlich für die psychologische Fachunterstützung, ruft jede einzelne Person an oder trifft sie zu einem Gespräch. «Eine allgemeine Besprechung kurz nach Einsatzende könnte die individuelle psychische Verfassung eines Caregivers nur bedingt auffangen», erklärt sie. «Darum setzen wir bei Carelink auf Einzelgespräche. Sie sind weitaus wirksamer.»

 

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs)